Vom Kontaktabbruch und anderen stillen Zeiten

Seelenleben

Es gibt keine Gespräche mehr. Keine Telefonate oder Mails, die im Postfach landen oder verschickt wurden. Von einem persönlichen Gespräch ist überhaupt nicht mehr zu denken. Wenn Nahestehende den Kontakt abbrechen, ist das oftmals schwerer zu verdauen, als wenn lieb gewonnene Menschen sterben. Ein Artikel mit Erfahrungswerten …

Ein Abschied ohne Worte hinterlässt reine Ohnmacht

Anrufe werden nicht mehr entgegengenommen. Briefe nicht beantwortet. Zufällige Begegnungen sind schwer zu ertragen und werden, wenn überhaupt, mit ein paar kühlen Worten aus dem Weg geräumt. Es gibt Menschen, die beenden völlig unvermittelt und ohne Erklärung die Beziehung zu jenen Menschen, die ihnen am nächsten sind.

Betreten bleiben Geschwister, Eltern, Kinder oder Partner zurück. Sie fühlen sich nicht mehr gewollt … aussortiert und weggeschmissen. Ich kenne alle Seiten davon, wobei das Schlimmste davon das Stillschweigen der Eltern war. Die Gefühle dazu sind bei jedem Menschen unterschiedlich. Aber in den meisten Fällen, ist es so, dass sich bei einem radikalen Kontaktabbruch die Zurückgelassenen fühlen, als würde ihnen der Boden unter den Schuhen weggezogen.

Bei mir waren es sehr viele Fragezeichen, Sorgen, Tränen und letztendlich ein Sack voll schlechtem Gewissen. Es ist kein schönes Gefühl zu wissen, dass man nicht mehr gehört werden will und auch keine Möglichkeit bekommt sich mitzuteilen und Differenzen gemeinsam auszutragen.

Besonders belastend wird ein solcher Abschied, weil es so verdammt schwerfällt, mit dem Kontaktabbruch seinen Frieden zu machen, vor allem wenn die Gründe ungeklärt bleiben!

Wenn jemand stirbt, ist diese Situation schmerzhaft und schlimm. Aber wir haben die Möglichkeit uns zu verabschieden. Wir können das Grab besuchen und uns alles von der Seele reden. Ein Abschied in dieser Hinsicht ist also möglich. Anders ist es bei einem, ich nenne es mal, „uneindeutigen Verlust“. Es ist nämlich eine Situation, in der wir die Trennung von „verlorenen“ gegangenen Menschen nicht betrauern können, weil noch so viel Unklarheit und jede Menge Hoffnung zurückbleibt.

Von nichts kommt nichts

Hinter jedem Kontaktabbruch steht eine Vorgeschichte, davon bin ich überzeugt. Manchmal sind es ungeschickte Bemerkungen, für den anderen ein nicht gerechtfertigtes Verhalten, Versäumnisse und Zurückweisungen. Man könnte die Liste bestimmt noch ausführlicher gestalten! Oft zeigt sich dann im Nachhinein erst, was sich so alles im Laufe der Jahre angestaut hatte und man die kleinen Warnsignale übersehen bzw. überhört hat.

Ein Kontaktabbruch entsteht meistens aus einer Notsituation heraus. Weil man so verletzt und gekränkt ist (wurde), denken wir, der Abbruch bringt uns Ruhe und Frieden! Leider ist das nicht der Fall. Jedenfalls nur vorübergehend.

In meinem Fall waren Gespräche mit meiner Familie aus mir unerklärlichen Gründen nicht mehr möglich. Ich nutzte den Geburtstag meiner Mutter, um ein liebevolles Gespräch zu führen. Es kam nichts, nur Kälte und Stille. Ich war vorbereitet und gab meinen Eltern beim Verlassen des Hauses einen sehr langen Brief. Ohne Bewertungen oder Schuldzuweisung, stattdessen mit Verständnis und ganz viel Liebe und der Zuversicht, dass es danach möglich sein wird, bestehend „Konflikte?“ zu lösen. Das ist nun bald fünf Jahre her und es vergeht kein Tag wo ich nicht daran denke. Es hat nie wieder auch nur ein Lebenszeichen von meiner Familie gegeben. Geschwister und Eltern sind zwar nicht gestorben, jedoch sind sie für mich auch nicht mehr greifbar.

Es ist mir gelungen abzuschließen. Ich warte und erwarte nichts mehr. Allerdings musste ich mit dieser Situation lernen, richtig umzugehen. Eis sehr langer schmerzhafter Weg. Eines sei gesagt: Durch die Funkstille alleine, werden Probleme nur verdrängt, das Grundproblem bleibt! Beide Seiten bleiben innerlich miteinander beschäftigt. Auch wenn es wie in meinem Fall, nur mehr sehr selten und nicht mehr schmerzhaft ist.

Bindungserfahrungen der Kindheit

Ich habe mich sehr viel und ganz lange mit diesem Thema beschäftigt. Und ich kann heute sagen, ob jemand dazu tendiert, eine Beziehung unerwartet abzubrechen oder anderenfalls, um beinahe jeden Preis festzuhalten, hängt weitgehend davon ab, wie die Bindungserfahrungen in der Kindheit erlebt wurden! Ja … und schon wieder ist sie da, unsere Kindheit die uns so sehr prägt. 😀

In meiner Familie fehlten immer die Worte um Konflikte ordentlich zu klären. Oder sich vernünftig zu trennen. Es wurde immer nur geschwiegen. Diese Sprachlosigkeit kann über Generationen wiederholt werden und soweit ich mich erinnere, war das auch so. Es ist leider so, unbewusst wiederholt man etwas das man erlebt hat, wenn es nicht reflektiert werden konnte.

Sich aus der bedrückenden Situation befreien

Manchmal braucht es radikale Schritte, um wieder Durchatmen zu können. Die Ablehnung und fehlende Möglichkeit miteinander zu reden, fühlt sich an als würde man einfach wegradiert werden. Trotzdem muss man den Tatsachen ins Auge sehen. Liebe, Freundschaft und Anerkennung können wir nicht erzwingen. Nicht von Freunden oder vom Partner und auch nicht, von den Eltern!

Mir gelang es während meiner Ausbildung, ein eigenes Leben aufzubauen. Anders als das Leben meiner Eltern. Mein Leben wurde allerdings immer infrage gestellt. Es gab immer wieder Annäherungen, erfolgreich waren sie immer nur kurz. Es war ein ständiger Kreislauf von Verletzungen, Ärger und Missverständnissen. Danach folgte wieder Stille.

Aber irgendwann war sie wieder da … diese Stimme, die flüsterte: „Hey, es ist doch deine Schwester, es sind deine Eltern, sei nicht so, sie haben es nicht anders gelernt …“ so in etwa und die Spiele begannen von vorne. Diese Geschichte ist meine, aber ich weiß von ganz vielen Menschen, dass es ihre eigene sein könnte.

Viele „Verlassene“ müssen zumindest versucht haben, den Kontakt wieder aufzunehmen und sei es nur mit einem Brief. Wenn das nicht gelingt, und man genügend Bedenkpause gegeben hat, ist es wirklich besser loszulassen. Wenn alle Bemühungen nicht wahrgenommen werden wollen, sollte das Wort Selbstliebe vorrücken. <3 Man quält sich sonst nur.

Ich habe für mich ein Ritual gefunden, mit dem Familienverlust umzugehen. Ich schreibe gedanklich einen Brief in dem steht, dass ich das, was in der Familie in den ganzen Jahren geschehen ist und ich nach großer Kraftanstrengung zu der Erkenntnis gekommen bin, ihre Entscheidung anzunehmen und zu akzeptieren. Ich habe mein Bestes gegeben, mehr kann ich nicht tun.

Meiner Meinung nach ist es außerordentlich wichtig innerlich aufzuräumen. Frieden zu schließen und auch zu vergeben. Obwohl ich mit der „Vergebung“ noch nicht ganz fertig bin >ehrlich bin<!“ Wie das jeder für sich handhabt, ist individuell. Eines steht jedenfalls in Stein gemeißelt: Nichts auf der Welt kann man erzwingen.

Falls Du vielleicht gerade in solch stillen Zeit steckst, schenk Dir die Zeit um richtig zu handeln und am besten ohne Erwartungen. Du bist auch ohne diese Menschen vollständig und wunderbar. Ganz viel Selbstliebe.

Xo Sandra

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