Wenn Wunden zu Narben werden

Persönliches, Seelenleben

Irgendwann ist es so weit. Du spürst in Dir selbst, dass der Tag gekommen ist, an dem Du Deine „alten“ Geschichten nicht mehr erzählst … Du Dir selbst nicht mehr erzählst! Ihnen keine Aufmerksamkeit mehr schenkst und endlich aufhörst, sie zu hinterfragen. Es ist ein sehr langer Prozess, der da hinter einem liegt, wenn schmerzende Wunden verheilen und endlich zu Narben werden.

Mein Leben ist kein Geheimnis. Es ist auch nicht außergewöhnlich. ICH, habe mich nur dafür entschieden, viele meiner natürlich wahren Geschichten und Erfahrungswerte hinauszutragen, um zu zeigen, dass Zeit etwas sehr Heilsames ist und jeder, an diese Heilung glauben sollte. 🙂 Und genau darüber kannst Du heute hier lesen. Schön, dass DU bleibst. <3

Ich habe mich ganz bewusst dazu entschieden, mich durch die vielen Abweisungen und Verletzungen nicht mehr länger in „Rückzug“ zu flüchten. Ich habe zugelassen, meine Ansichten und Einstellung zu verändern. Bin sensibel mit meinen Gefühlen umgegangen, habe aufgehört, sie zu ignorieren und zuzudecken, nur weil jemand anderes angefangen hat, sie zu berühren. Das ist jetzt schon eine Zeit her.

Alles wegzudrücken hat immer funktioniert

Alles wegzuschieben, keine Gefühle zulassen, nicht fühlen zu können – es machte alles Sinn für mich. In diesem Kapitel meines Lebens war die Gefühllosigkeit die beste Lösung gewesen. Denn ich habe gelernt, dass der Körper, der Geist und die Seele … dass sie ALLE immer wieder heilen und sich entwickeln möchten. Wenn wir uns in den Finger schneiden, dann weiß unser Körper von ganz alleine, wie diese Stelle heilt. Sicher, es braucht seine Zeit, aber es passiert von ganz alleine.

Und wenn unsere Seele verletzt wird, dann benötigt auch sie Zeit, um zu heilen. WIR, und ich schreibe jetzt ganz bewusst in der Mehrzahl, haben Angst bekommen, vor der „Zeit alleine“. Denn wenn es außen ganz still wird, wird es innen so verdammt laut. Das auszuhalten, ist sehr anstrengend. Doch wenn wir lernen, uns selbst zu fühlen und auszuhalten und nicht zu verurteilen, dann haben wir die Chance unglaublich zu wachsen. Alles, was es dafür braucht, ist Zeit mit uns alleine.

Persönlich habe ich es mir erlaubt, es okay zu finden, in verschiedenen Abschnitten meines Lebens unterschiedlich zu denken, handeln oder zu fühlen. Ich habe irgendwann damit aufgehört, mich selbst zu bewerten! Dieser Abschnitt meines Lebens, damals, ist vor ein paar Jahren zu Ende gegangen. Und seit diesem Zeitpunkt erzähle ich meine „Geschichte“ anders.

Ich bin nicht mehr das kleine, nicht geliebte Kind, die abgestoßene, missbrauchte, verletzte Frau. Die, die zum Schweigen gebracht, verzweifelt, abhängig und bedürftig war! NEIN, ich bin gereift und stärker geworden. Sensibel für meine eigenen Grenzen, weich und endlich nahbar. Ich wurde zu einem Menschen, der – ich glaube es selbst oft nicht – unendlich viel fühlen kann. Ich wurde aufmerksam, offen für neues und andere Menschen. Eine Frau, die für ihre Sache kämpft, wenn es notwendig ist und es gibt inzwischen einige, die mich als „Bereicherung“ in ihrem Leben sehen. ›freu‹

Ich rechtfertige mich nicht mehr für meine Gefühle und Bedürfnisse, ich mache mein Leben NICHT mehr von anderen abhängig. Was für ein Ergebnis nach fast sechzig Jahren. 😀

Wunden werden erst zu Narben, wenn wir vergeben

Ein langer Prozess. Was heißt vergeben, fragst Du Dich vielleicht? Das war auch mein Gedanke. Vergeben bedeutet nicht, dass wir ALLEN Menschen all das vergeben müssen, was sie uns angetan haben. Genau das dachte ich ganz lange und dabei ist viel Zeit verstrichen, ohne dass dabei etwas Vernünftiges herausgekommen wäre.

Dann aber wurde es mir ganz klar. Vergeben bedeutet einfach nur, alle negativen Glaubenssätze aus dieser Zeit fallenzulassen … loszulassen. Sich dafür zu entscheiden, Gewesenes sein zu lassen. Annehmen was war. Und den anfangs hochkommenden Ängsten, einen Platz zu schenken. Was ich in diesen Augenblicken gerne und bis heute mache, denn sie kommen zwar selten vorbei, aber sie kommen:
Der Ort, der früher mein zerbrechlichster und schmerzhaftester war – auf diese Stelle lege ich meine Hand und sage mir: „Es darf sein, und so bin ich eben auch noch. Mit mir hadern, mich schwach fühlen und so manches vermissend.“

Ich habe mich entschieden, die Dinge, die mich so sehr verletzt haben, nicht mehr so negativ zu sehen. Ich versuche tatsächlich das GUTE in all den Dingen zu sehen oder zu suchen. Meine Heilung war das Annehmen meiner Vergangenheit. Wenn ich darüber gesprochen habe, wurde mir oft eine gewisse Naivität nachgesagt. Alles eine/meine „Schönrederei“, sagten sie. Wie kannst ich nur so denken! Wo ich gleich bei diesem Wort stehen bleiben möchte: NAIVITÄT, bedeutet leichtgläubig, nicht angemessen bewertend, leicht verführbar, arglos, unwissend. Aber ehrlich jetzt, sind nicht auch das wunderbare Eigenschaften?

Na schön, na und? Mir hilft es zu sagen oder zu denken – DER oder DIE, konnte(n) es in dieser Situation eben nicht besser, weil sie selbst arme „Würste“ waren und wahrscheinlich heute noch sind! Außerdem glaube ich an den Sinn, der hinter allem Geschehenen steht! Wenn es mir erlaubt so glücklicher zu leben, bin ich happy und ein wenig Stolz, eine gewisse Naivität zu besitzen.

Alles in einem anderen Licht betrachten

In unserer Gesellschaft sagen die Leute gerne „ja du, du redest dir wieder alles schön!“ Sie meinen damit, naiv zu sein oder der Wahrheit nicht richtig ins Gesicht zu sehen. Ich sage, DAS stimmt nicht ganz. Ich spreche für mich und ich kann sagen, dass ich nicht allem Negativen, das mir passiert ist, einen Orden verleihe, sondern nur meine Perspektive ändere, wenn ich zurückblicke!

Die vergangenen Jahre haben mich unglaublich viel Energie gekostet. Es sammelten sich insgesamt über zehn Jahre ambulante und stationäre Therapie an. Vieles war lebenserhaltend. Vieles warf mich wieder zurück und zerstörte mich fast. … ein Zustand, zwischen den Zuständen, wie eine Therapeutin es mal nannte. Dazwischen bin ich immer wieder mal ausgebrochen, weggerannt und habe mich verschlossen.
Bis ich gelernt habe, mich endlich anzuvertrauen. Halten zu lassen, um letztendlich DAS in mir zu finden, was ich mein ganzes Leben im AUSSEN gesucht habe. Ich begann, mich zu mögen. So wie ich war. 🙂

Inge Wuthe schrieb eine Geschichte über die Traurigkeit, in der es genau darum geht: Die Traurigkeit sagt: „… Will ich den Menschen ein Nest bauen, indem sie sich fallen lassen können, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, ist sehr dünnhäutig und daher nahe bei sich. Diese Begegnung kann richtig schmerzvoll sein, weil manches Leid durch die Erinnerung wieder aufbricht, wie eine schlecht verheilte Wunde. Aber nur wer den Schmerz zulässt, wer Erlebtes „betrauern“ kann, wer das Kind in sich aufspürt und die verschluckten Tränen herauslässt, wer sich Mitleid zugesteht, der hat die Chance, dass seine Wunden wirklich heilen.“

Heilung braucht jede Menge Mut

Und nicht nur das, sondern auch Loyalität. Es geht nicht nur darum, zu vergeben was geschehen ist. Es geht darum, sich selbst und bedingungslos zu akzeptieren! Dabei werden immer wieder Tage kommen, die uns traurig machen. Tage, an denen wir aufgeben möchten, am liebsten in alte Muster springen würden! Tage, wo wir zweifeln. So wird es sein.

Beim „HEILEN“ geht es darum, Dein Herz zu öffnen und nicht zu verschließen! Es geht darum, die harten Stellen in Dir geschmeidig zu machen. Heilung ist ein zeitintensiver Prozess. Dabei schaukeln wir immer hin und her. Es geht rauf und runter. Zwischen der Vergangenheit, den Verletzungen, dem Schmerz und der ganzen Traurigkeit und der Fülle der Gegenwart.

Genau dieses Hoch und Tief, auf und ab, bewirkt die Heilung. NICHT das auf der Stelle treten! Der Sinn des Heilwerdens ist nicht das auf ewig glücklich sein und bleiben – das gibt es nämlich nicht. Der Sinn darin liegt, wach und lebendig sein Leben leben zu können und NICHT im lebendigen Körper zu sterben. Heilung hängt damit zusammen, gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein.

Das ist „mein“ Weg der Heilung. Wo Wunden zu Narben wurden.
Falls Du gerade diese Phase durchlebst – Ich wünsche Dir Kraft, Mut und Loyalität. Es zahlt sich aus. 😀

Pass auf Dich auf …

Xo Sandra

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