Nichts ist mehr, wie es vorher war. Aggressionen, Vertrauensverlust und Rückzug … das ist das Alltagsverhalten eines Menschen, der unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Kurz PTBS genannt. Für Familienangehörige, speziell den Partner, ist es eine ganz besondere Belastung. So als sei der Herzmensch ausgetauscht worden! Manchmal zerreißt sich die ganze Familie regelrecht für eine rund um die Uhr Betreuung. Dabei wird leider immer wieder vergessen: Nur wer dabei auf sich selbst achtet und seine eigenen Bedürfnisse nicht zurückstellt, ist fähig die Fürsorge für seinen Partner zu übernehmen!
Letzte Woche hat mir ein Leser (ja, auch Männer lesen so manchen Beitrag) eine sehr „offene“ Mail geschickt die gleichzeitig aber auch ein Hilferuf war. Da mir dieses Thema selbst sehr am Herzen liegt, da ich selbst betroffen bin, wollte ich dieses Thema in einer Einfachheit aufnehmen und den ein oder anderen Erfahrungswert mit Dir teilen.
Information ist das Wichtigste
Damit der Umgang mit einem PTBS – Patienten richtig und sicher gelingt, ist es zunächst wichtig sich über die Krankheit bzw. das Krankheitsbild zu informieren. Die Symptome und die damit verbundenen Veränderungen sind nicht einfach und brauchen daher eine gute Aufklärung! Natürlich ist das Krankheitsbild von Patient zu Patient unterschiedlich.
Es gibt Menschen, die sich gar nicht mehr an das Trauma oder den gesamten Lebensabschnitt erinnern können. Andere wiederum haben das Erlebte im emotionalen Gedächtnis abgespeichert. Außerdem leiden Betroffene sehr oft an einer Abhängigkeitserkrankung oder Depressionen, die sich auch in Suizidgedanken äußern können! Im geschützten Rahmen eines stationären Aufenthalts hat der Partner die Möglichkeit sich zu stabilisieren. Für mich war es eine enorme Erleichterung, mich in „neutrale“ Hände zu begeben … durchzuatmen und mich „geschützt“ zu fühlen.
Es ist leider so, dass sich das Verhalten und die Persönlichkeit eines PTBS Patienten verändert. Es wirkt sich auf das ganze Leben, das ganze Umfeld aus. So besteht die Gefahr, dass das gemeinsame Leben nur noch durch die Krankheit bestimmt wird. Doch es gibt auch eine gute Nachricht. Es gibt zahlreiche Therapiemöglichkeiten und so muss die PTBS nicht ein Dauerleiden bleiben! Schön und sehr hilfreich ist es auch, den Rückhalt der Familie und des Partners zu spüren, der zu einem erfolgreichen Heilungsprozess führt.
Dazu ein paar praktische Alltagstipps
Ein PTBS erkrankter Mensch braucht sehr viel Sicherheit und Kontinuität! Ein traumatisches Erlebnis geht für das Opfer mit einer Verletzung der persönlichen Grenzen und deshalb mit einem Vertrauensverlust in die Mitmenschen einher. Bei einem Unfall zum Beispiel fehlt oft das Vertrauen in die Technik oder die Umwelt. Deshalb ist es wichtig, die Grenzen Deines erkrankten Partners bedingungslos zu akzeptieren und über bevorstehende Veränderungen offen zu sprechen. Verständnis steht an oberster Stelle! Ebenso Vertrauen …
In diesem Fall ist Routine im Alltag gut. Geregelte Essenszeiten, Spaziergänge und gemeinsame Entspannungsübungen. Leider sind Schlafprobleme oft ein Teil einer PTBS. Der „Begleitschutz“ am Abend ins Bett, kann dabei hilfreich sein, sich entspannter der Nacht zu widmen.
Außerdem sind Betroffene schneller gereizt, werden wütend und ziehen sich zurück. Sie stumpfen emotional ab. Wichtig dabei ist, diese Reaktion nicht auf sich selbst zu beziehen! Betroffene sehen sich selbst als eine Belastung. Sie äußern ihre Wünsche selten, weil sie nicht zur Last fallen möchten. Man kann helfen, indem man ausreichend Ressourcen für die Erinnerung des anderen hat und ihm zuhört. Dabei ist es für den Partner und die Angehörigen wichtig, die Balance zu halten, denn ein zu großes Mitgefühl kann dazu führen, dass sich der Betroffene in die Rolle des hilflosen Kindes verliert oder annimmt, man hätte kein Vertrauen in seine Fähigkeiten und sich dann abwendet.
Ich weiß, dass es trotz aller Anstrengung und Hingabe des Partners oder der Familie, immer wieder zu Konflikten kommen wird. Es kann vorkommen, dass ein PTBS erkrankter Mensch auch gewalttätig werden kann. Hier geht die eigene Sicherheit vor, auch ein Trauma kann Gewalt nicht entschuldigen! In solchen Situation darf auch mal ein negatives Gefühl wie Ärger oder Wut über den Partner sein.
Sich selbst Hilfe zu holen bedeutet nicht schwach zu sein!
Das Zusammenleben mit einem PTBS Partner ist vor allem für den Partner eine enorme Herausforderung! Deshalb ist es keine Schande sich professionelle Hilfe zu holen oder anzunehmen. Denn der „gesunde“ Part einer Beziehung muss ausreichend dafür sorgen, seine Energiereserven aufrechtzuerhalten. Kraftschöpfen, um sich so um das eigene Wohl zu sorgen. Nur so kann man dem Erkrankten eine verlässliche Stütze sein!
Gespräche mit Therapeuten helfen die richtigen Strategien zu finden um die Konflikte, die immer wieder aufkommen werden, richtig zu deuten und um in Frieden miteinander leben zu können. Als helfender und fürsorglicher Partner werden manchmal auch eigene Ängste und Sorgen oder sogar Zweifel hochkommen. Es ist wichtig all das loszuwerden. Ein Erfahrungsaustausch kann dabei sehr behilflich sein. Es gibt viele Hilfsangebote wie Selbsthilfegruppen in diversen Foren. Aber auch Kliniken bieten ein mal im Monat solche Gruppengespräche an (zumindest ist mir das in Österreich so bekannt).
Noch ein paar Gedanken zum Schluss
All das hier Be- und Geschriebene stammt aus meinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen. Einfach erklärt und ich denke gut nachvollziehbar.
Traumatisierungen hinterlassen immer Spuren! Jedoch kann ich berichten, dass Menschen, die ein Trauma in ihrem Leben erlitten haben, gut damit klarkommen können … ihr Leben danach viel bewusster wahrnehmen und auch leben! Sie sind emphatischer mit sich selbst und mit der Umwelt. Sie haben auf ihr Trauma hin, ihr Leben umgestellt.
Jede Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen, hilft in die Tiefen von sich selbst einzutauchen, mit sich selbst in eine Begegnung zu gehen. Es ist ein hoch intensives Arbeiten. Wenn man als Paar schafft, zusammen all das auszuarbeiten, passiert etwas sehr Magisches. Es ist so unsagbar viel Intensität und Liebe darin, was man als riesiges Geschenk sehen sollte! Auch wenn es immer wieder schwierige Tage oder Phasen geben wird, es fühlt sich gut an, aber vor allem fühlt man sich als PTBS Patient verstanden, geliebt und sicher aufgehoben! <3
Das ist meine Erfahrung …
Ich hoffe wirklich sehr, dass Du für Dich eine kleine Hilfestellung in diesem Beitrag finden konntest. Falls Du andere Erfahrungen oder Tipps für uns/mich hast – ich bin immer dankbar dafür. 🙂
Ich wünsche Dir und Deinem Partner eine heilsame Zeit, die euch nicht auseinander, sondern noch mehr zueinander führen soll.
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