In der letzten Zeit gab es auf meiner Facebook Seite einen Tagespost, in dem es um Sensibilität und die Art „anders“ zu sein ging. Ich bekam darauf sehr viele Zuschriften, die mich bewogen haben, gleich nochmal in diese Tasche zu greifen. Dieses Mal möchte ich gerne darüber schreiben, wie wenig sensible Menschen eigentlich in die Masse der Menschen passen. Wir sind anders. Anders im Denken, anders im Leben, auch anders in Beziehungen und Freundschaft.
„Ich hasse Menschen“ …
Keine Sorge, ich hasse Menschen nicht wirklich, aber in der letzten Zeit ist mir der Gedanke sehr oft nicht nur durch den Kopf, sondern auch über meine Lippen gekommen. Gründe dafür gab es tatsächlich ausreichend. Ich frage mich dann immer, ob ein in sich so ruhender Mensch, wie ich es bin, solche Gedanken und Worte überhaupt denken und sagen darf? JA, darf ich. Es geht nämlich eigentlich darum, dass ich immer mehr spüre, wie wenig ich mit den anderen Menschen gemeinsam habe und wie wenig, ich mich anpassen kann und möchte! Und ich bin mir ziemlich sicher, dass DU als leiser und sensibler Mensch, es genauso sehen wirst.
Damals:
Drehe ich das Rad der Zeit zurück, war ich schon im Kindergarten ein leises Kind. Wenn ich etwas anstellte, machte ich es still. In der Schule meldete ich mich nie zu Wort. Bloß nicht auffallen. Ich war jemand, den man kaum bemerkte. Jedenfalls machte es so den Anschein. Aber genau durch dieses Verhalten wurde ich zur Zielscheibe von Lehrern und anderen Mitschülern. Heute würde man sagen ich wurde zu einem Mobbingopfer. Ich wehrte mich anfangs nie und duldete die Beleidigungen und Hänseleien. Freunde hatte ich kaum und die ich hatte, waren genauso „eigenartig“ wie ich es war.
Das war damals. Heute ist es ähnlich, denke ich dabei um Freundschaften und enge Beziehungen. Ich habe wenige Freundschaften, die tiefgehend sind. Den Rest würde ich als gute Bekannte betiteln. Am wohlsten fühle ich mich unter gleichen Menschen …, die so sind wie ich. Leise und sensible Frauen, auf unsere eigene Art und Weise.
Laute Menschen gehen mir schnell auf die Nerven …
Es ist tatsächlich so, dass diese Menschen für mich anstrengend sind! Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das in meinem Job ausgehalten habe? Umgekehrt bin auch ich für sie sehr oft anstrengend. Ich bin zu ruhig und zurückhaltend … langweilig? Ich höre lieber zu, als ununterbrochen zu reden. Ich reagiere auf viele Dialoge anders oder eben erst gar nicht! Auch das macht mich nicht unbedingt sympathisch wie ich immer wieder mitbekomme. Mit Smalltalk kann ich nicht leben und es ist absolut NICHT mein Ding. In der Zwischenzeit nicht mal mehr der Höflichkeit halber!
Und, wenn ich mir meine Worte selbst so ansehe, wirkt das etwas eigenartig. Eine Eigenartigkeit mit der ich schon ganz lange Zeit lebe. Aber es ist wie es ist. „Andere“ Menschen haben eine Sichtweise auf das Leben, die vollkommen im Widerspruch zu meinen Ansichten stehen. Deswegen herrscht schnell eine Disharmonie. Ideen und Einfälle klaffen auseinander und was dann passiert, fühlt sich selten gut an!
Im Gegenteil. Ein Unwohlsein ist dann plötzlich da und der riesige Wunsch nach „Ich würde jetzt bitte lieber meine Ruhe haben“. Vielleicht sitzt Du jetzt schon die ganze Zeit da und nickst unaufhörlich, weil Du es total verstehen kannst! Vielleicht denkst DU dieselben Gedanken, aber glaubst, Dich anpassen zu müssen? Weil es unhöflich ist? Weil Dich die Menschen sonst nicht gernhaben oder weil Du sonst die letzten Freundinnen auch noch verlierst?
Lass das bloß sein!
Anpassen. Ein Wort das ich als Kind schon gehasst habe! Heute bin ich 57 Jahre jung. Ich habe mich mein halbes Leben angepasst, jedenfalls habe ich es versucht nur um des Friedens willen, um des „gemocht werdens“ und der Zugehörigkeit in der Gesellschaft. Alles mit unzufriedenstellendem Erfolg wie mir immer wieder gesagt wurde. Aber wie sollte das auch gut gehen, ist man tief im Inneren ein vollkommen anderer Mensch?
Durch den Versuch sich anzupassen verlieren wir jedes Mal einen Teil unserer eigenen Identität. Wir steigen einfach darüber hinweg. Wir ignorieren, was uns wirklich guttut und was wir eigentlich tatsächlich wollen! Kennst Du bestimmt? Ich hatte dieses Gefühl immer, wenn ich versuchte mich anzupassen. Wie oft wurde zu Dingen JA gesagt, damit man „positiv“ rüberkommt? Bloß keine bösen Reaktionen einsammeln! Und das, obwohl wir wissen, dass diese Dinge uns nicht guttun!
Die Zeiten ändern sich aber. Ich schaffe es gar nicht mehr mich anzupassen. Es war auch so, dass ich durch dieses angepasste Spiel noch mehr Menschen anzog, mit denen ich absolut nicht klarkam. Es war also wichtig zu erkennen und anzunehmen wie ich nun mal war. Eine sensible und stille Frau.
Menschen fühlen unterschiedlich …
Eine schwierige Erkenntnis war es für mich zu sehen, dass nicht jeder Mensch so intensiv die Gefühle anderer wahr nimmt wie ich es tue. Ich spüre sehr schnell was ein anderer Mensch braucht. Auch, wenn ich selbst nicht jedes Mal in der Lage bin darauf einzugehen. DAS fällt dann bei mir unter Selbstfürsorge! Ich verstehe sehr gut, wenn sich Freunde längere Zeit mal nicht melden. Jeder hat sein Leben und genug zu tun. Ich habe da vollstes Verständnis denn ich würde wahnsinnig werden, müsste ich jeden Tag telefonieren, simsen oder in irgendeiner Form ein Lebenszeichen von mir funken!
Ich WILL manchmal sogar zu niemandem Kontakt haben. Erst recht nicht, wenn es mir aus irgendwelchen Gründen nicht so ganz gut geht. Da bin ich wie eine Katze, die sich zum „Heilen“ verzieht ›lach‹. Da muss ich in meiner Welt bleiben. Dadurch schöpfe ich Kraft und finde zu meiner alten Energie zurück.
Ich habe viele Bekannte in meinem Umfeld, die damit nicht zurechtkommen. Sie suchen die „Schuld“ bei sich. Dadurch entsteht wieder eine Kommunikation, die mich stresst. Denn eigentlich habe ICH MICH schon hunderte Male „erklärt“. Auch wenn es nett gemeint ist, … für mich ist es sehr anstrengend.
Dadurch gingen auch schon Freundschaften kaputt …
Leider wahr. Gerade, wenn Freundschaften schnell zusammenwachsen ist der Kontakt intensiv. Man macht viel gemeinsam, sieht und hört sich jeden Tag. Für mich als leise und sensible Frau geht das natürlich nicht sehr lange gut. Weil es mir einfach zu viel wurde und wird. Gefühlt nahm die andere Person plötzlich einen großen Teil meiner Seele für sich ein. Für viele klingt das jetzt sicher übertrieben, aber wenn Du selbst ein introvertierter Mensch bist, weißt Du genau was ich meine!
Auf einmal gehört man dieser Person. Irgendwie. Auf eine eigenartig gefühlte Art. Ich hatte auch immer die Erfahrung gemacht, dass diese Personen mich ganz intensiv brauchten! Sowohl um nicht alleine zu sein, aber auch um mit mir über ihre Probleme zu reden oder diese abzuladen. Für diese Art von Freundschaft reicht meine Energie nur noch ganz kurz. Ich merke wie es mich anstrengt. Nett bleibe ich jedoch immer. Ich sag es nur direkt und ohne ausschweife.
Mittlerweile sehe ich es so, dass es ein gewisses „Defizit“ ist, das ich habe. Ich bin für die Masse nicht gemacht! Dieses Verhalten macht mir mein Leben nicht immer leicht. Viele Menschen reagieren unsicher und bewerten mich dadurch auch völlig falsch. Bösartige Meldungen sind dabei ebenso keine Seltenheit. Verständlich aus heutiger Sicht. Damals war es schmerzhaft, heute akzeptiere ich es, ohne es zu bewerten. Denn ICH bin so. Und ich mache KEIN Geheimnis daraus!
Sei wie Du bist, und Du ziehst die Menschen an, die zu Dir passen
Abschließend will ich Dir noch sagen: Frage Dich WER und WIE DU bist. Und vor allem steh dazu! Ich habe so lange im Außen gelebt und gefühlt, mich um andere Menschen geschart und gekümmert, dass ich mich selbst ganz vergessen habe. Ich habe vergessen, wer ich bin und was mich ausmacht. In Wirklichkeit ist es ein Armutszeugnis erst mit 57 Jahren sagen zu können: „Ich weiß heute wer ich bin und was mir guttut …“ Die letzten Jahre haben mich gefestigt. Und wie sagt man so schön? Lieber spät als nie!
Vielleicht hast Du Dich in einigen Textpassagen wiedergefunden. Dann bist Du einer dieser Menschen, die so denken und so fühlen wie ich. Und wenn Du magst, darfst Du diesen Beitrag auch gerne mit ähnlichen Menschen teilen oder ihn an Freunde schicken, um nicht immer eine Erklärung abgeben zu müssen. ›lach‹.
Ich wünsche Dir eine gute Zeit, pass gut auf Dich auf und wir lesen uns bald wieder, wenn Du magst!
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