Worauf ich heute hinaus will, ist unser Perfektionismus. Frauen, die beinahe alles möglichst perfekt machen wollen, möchten auch gerne die Anerkennung von ihren Mitmenschen. Ich weiß aber, dass dabei einiges übersehen wird. Frauen mit Ecken, Kanten und Fehlern, haben es in ihrer Umgebung einfacher als aalglatte, akribische in Perfektion lebende Wesen!
OMG, diesen Beitrag hätte ich vor fünf Jahren noch nicht schreiben können. <lach> Ich verkörperte den Perfektionismus förmlich! Ich war glatt wie ein Aal. Ecken wurden abgerundet und Kanten entschärft! Mir ist es ja mittlerweile recht gelungen, meine akribische Perfektion zu stutzen.
Wenn ich ehrlich bin, ist es mir früher auch entgangen, dass meine diese aalglatte Perfektion, sich nicht besonders gut bei anderen machte. Meiner Beobachtung nach ist für Betroffene dieser Perfektionismus einfach eine Strategie. Eine Strategie um Anerkennung und Lob zu erhalten. Früher bekamen wir diese von Lehrern, Eltern oder Menschen, die uns wichtig waren. Wir bekamen „Streicheleinheiten“ für gewisse Leistungen und sie gaben uns das Gefühl, wertvoll(er) zu sein. Unser Selbstwert wurde gestreckt.
Es gibt allerdings auch viele Frauen, die dieses „perfekt sein“ erst später begonnen haben zu leben, um anderen oder dem Partner gerecht zu werden und zu gefallen. Ich begann damit als erwachsener Mensch. Ich wollte mir und anderen Beweise liefern, dass ich sehr wohl zu außergewöhnlichen Leistungen fähig bin.
Ein kurzer Ausschweif:
Ich weiß nicht wie Du das wahr nimmst, aber es gibt bestimmte Lebensbereiche, in welchen „FRAU“ versucht, perfekt zu sein. Kindererziehung, als Partnerin, das eigene Äußere, Haushalt und natürlich der Job. Das sind so die Dinge, die ich von mir selbst kenne und die mir immer wieder auffallen. Aah halt! Einen ganz wichtigen Bereich habe ich vergessen: Immer für alle da sein zu wollen – perfekte Kollegin, perfekte Freundin, perfekte Nachbarin, perfekte Tochter.
Nun aber zu meiner eigentlichen Frage:
Wie nimmt unser Umfeld uns wahr, wenn wir so aalglatt sind?
Klar, auf der einen Seite habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten. Was ich aber nicht gesehen habe, waren die negativen Auswirkungen, dass muss ich klar sagen. Frauen die versuchen fehlerfrei durchs Leben zu gehen und perfekte Leistungen abliefern, lösen bei nicht wenigen Menschen das Gefühl aus, selbst zu wenig zu tun!
Ich gab im Berufsleben alles und das erwartete ich auch von anderen. Ohne Kompromisse. In meiner Wohnung konnte man vom Fußboden essen. Es stand alles auf seinem staubfreien Platz. Ich vermittelte meinen Freundinnen schnell mal das Gefühl, dass Ihre Wohnung unordentlich sei.
Solch perfektionistische Menschen wie ich es war, erhöhen den Druck auf Ihre Umwelt.
Ich mag lieber Menschen, die ich auch „menschlich“ erlebe!
Mir ist endlich klar geworden, dass zum menschlich Sein auch Fehler gehören. Schwächen, die wir zeigen sollten und auch der Mut zu sagen: „Sorry, aber das kann ich nicht!“ Wer immer darauf bedacht ist, alles perfekt hinzubekommen, wird von anderen schnell mal mit „Die wirkt irgendwie nicht echt“ bezeichnet und auch so erlebt. Nicht authentisch, umgeben von einem Geheimnis und dadurch automatisch auch unsympathisch.
Ich habe es nie bemerkt oder vielleicht wollte ich es auch gar nicht erkennen. Das Paradoxe an der Sache ist eigentlich, dass was Perfektionistinnen sich wünschen – also durch Ihren hohen Erwartungen an sich selbst einen guten Eindruck zu machen – geht in Wahrheit in die Hose. Das Gegenteil ist der Fall: Frau wird kritisch beäugt und es trennt uns von den anderen.
Ich bin so glücklich darüber, dass mir das klar geworden ist. Seit ich das weiß, fällt es mir leicht meinen Perfektionismus auszubremsen.
Ich würde niemanden mehr raten, auf meinen Fußböden zu dinieren …
Es wäre auch gut, keine Stauballergie zu haben …
Und es könnte auch durchaus passieren, dass mein Gugelhupf zu lange die Hitze genossen hat …
Aber egal: Lieber unperfekt, etwas staubig und ein dunkles Stück Kuchen, als unecht und unsympathisch! ›lach‹
Hast Du Ähnliches erlebt und hast dazu etwas zu sagen? Ich freue mich selbstverständlich auf Deine Rückmeldung.
Bis ganz bald.
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