Gedankengänge #81

Inspiration, Persönliches

Ist ein „gefülltes“ Leben auch ein erfülltes?

Mir fällt auf, dass es ganz viele Menschen gibt, die ihren Alltag wie eine Einkaufsliste vor sich auf ihrem Kühlschrank angebracht haben. So, dass ja nix vergessen wird. Und so leben sie tagein, tagaus. Mit einer „To-do-Liste“, die wir Leben nennen.

In meinem Arbeitszimmer liegt ein Schreibblock … falsch, überall liegen Notizblöcke! Sie sind etwas ganz Wertvolles für mich. 😀 Zum ersten, weil ich mir gerne besondere Gedanken notiere, und zum anderen sind sie für mich notwendig, weil ich Dinge grundsätzlich schnell vergesse … besonders die, die ich erledigen soll. ›lach‹. In der Zwischenzeit bin ich mir auch sehr sicher, dass ich mich nur an die Dinge erinnere, die mir gefallen und die mir wichtiger sind als DIE, die ich erledigen „MUSS“.

Listen haben generell einen sehr ungewöhnlichen Effekt auf mich. Immer wenn ich etwas abhacken kann, gibt mir das ein gutes Gefühl wieder etwas geschafft zu haben. Noch besser, wenn ich eine ganze Seite und viele „Häkchen“ in den Papierkorb schmeißen kann! Das Ganze wird immer mit einem zufriedenen Lächeln und einer ausladenden Pose unterstrichen. 😀 Wieder was geschafft …

Wieder was erledigt …

Ja genau, aber wenn ich mir meine Listen genauer anschaue, stehen hauptsächlich Dinge geschrieben, die gemacht werden müssen, nicht die ich gerne machen würde. Kennst Du das vielleicht auch? Diese Beobachtung habe ich ja schon mehrfach gemacht, aber die Gedanken dazu, nie fertig gedacht, sondern verdrängt. Diesmal wird nichts verdrängt – ich schaue genauer darauf! Denn was ist das für eine erbärmliche Form meines Daseins? Ein gefülltes Leben mit einem erfüllten zu verwechseln.

Ich weiß, dass viele Menschen es genauso machen. Es fällt uns nur nicht mehr auf, weil wir uns daran gewöhnt haben. Andere arbeiten vielleicht oder wahrscheinlich sicher NICHT mehr mit Listen (so altmodisch bin nur noch ich) – sondern nutzen die unterschiedlichsten Apps, die daran erinnern sollen, was WANN und WO zu tun ist. Die Technik erinnert, entscheidet … wie ein Navi, ohne das scheinbar niemand mehr an sein Ziel kommen würde. 🙂 Unser Alltag ist kurz gesagt „durchgetaktet und durchgeplant“. Die Helfer sind für den einen Listen oder für andere die Technik am Alleskönner Smartphone.

Ich habe das Buch „Anleitung zum Müßiggang“ gelesen. Im Nachhinein dachte ich mir, dieser Titel passt nicht mehr in unsere Gegenwart! Immerhin wird der Müßiggang als Untätigkeit deklariert … als Verschwendung der Lebenszeit. Was ICH natürlich ganz anders sehe! Denn ich kann stundenlange Spaziergänge genießen, auf denen ich stundenlang meine Gedanken treiben lassen kann!

Es gibt ganz viele Menschen, die mich verständnislos ansehen, wenn ich davon erzähle. Sie können mit dieser „Ziellosigkeit“ rein gar nichts anfangen. „Sobald ich mein zu Hause verlasse, brauche ich immer ein sinnvolles Ziel“, wird mir dann erklärt. Das sind die Menschen, die jeden Tag ihrem „überladenen“ Alltag nachgehen. Es gibt ständig etwas zu tun. Es muss schnell gehen und es muss sinnvoll sein!  Alltagsoptimierung pur eben.

Struktur ist wichtig …

Das sage ich deswegen, weil es in meinem Leben mal eine ganz lange Zeit gab, wo mir diese fehlte. In dieser Zeit zum Beispiel wäre ich ohne meine Listen aufgeschmissen gewesen. Diese To-do-Liste nahm mir meine Entscheidungen ab. Sie sagte mir, WAS ich WANN zu tun hatte. Sie organisierte meinen Alltag und führte mich wieder in ein „normales“ Leben zurück. Gut. Und darüber bin ich sehr glücklich, wirklich.

Aber als gesunder Mensch sollte es nie so weit kommen, dass uns diese To-Do-Listen in der Hand haben. Alles festlegen und nur eines im Kopf haben, nämlich alle Erledigungen hinter sich gebracht zu haben! Wir sollten nie so viel zu tun haben, dass wir zum Nachdenken keine Zeit mehr haben, sagt Chris Lichtenberg. Eine aus der Zeit gefallene, aber tiefe Wahrheit!

Die meisten Menschen sind damit beschäftigt, ja nicht zur Ruhe zu kommen. Die vielen „muss“ Erledigungen sind eine wunderbare Ablenkung, denn sie decken das Unbehagen, das unter dem Alltag zu finden ist, zu. Sie kaschieren unseren Alltag, so könnte man auch sagen. Das Unbehagen, die unangenehme Stille wird erst in der RUHE spürbar. Ich kenne so viele Leute, die ganz hippelig werden, sobald es nix zu tun gibt. Nichts tun, lähmt sie.

Ich war auch hier zu Hause. Immer unter Strom. Immer in Bewegung. Immer ein Ziel und am besten gar nicht schlafen! Oh Gott, was für eine Zeit, die mir eine Menge Energie gezogen und ziemlich geschadet hat! Wenn man in ständiger „Dauerbewegung“ ist, kann das genau zwei Gründe haben: Entweder man ist auf der Flucht oder man ist auf der Suche. Und wenn ich es heute richtig einschätze, sind die meisten Menschen auf der Flucht vor sich selbst.

Das Leben als Abbild perfekter Planung …

Menschen sehen ihr Leben als ein durchdachtes, effizient realisiertes Projekt. Man spart sich von einer Anschaffung zur nächsten, ohne sich zu fragen, wie notwendig die Dinge sind, die man für so notwendig hält! Dabei nehme ich mich selbst an der Nase. Irgendwie scheint die Kontrolle verloren und wir leben nicht unser Leben. Wir werden von unserem Leben gelebt. Diese Gedanken erzählen sehr viel über unsere Gesellschaft. Wer sich in die Arbeit stürzt, vermeidet somit die Arbeit, auf die es eigentlich ankommt: Persönlichkeitsarbeit. Sich über seine eigenen Bedürfnisse klarzuwerden. Eine gute Beziehung zu sich selbst zu pflegen!

JA, das ist wirkliche Arbeit und ein steiniger Weg, ich bin ihn ja gegangen, besser gesagt, ich geh`ihn immer noch! Da ist es natürlich viel einfacher, den Alltag zu organisieren. So wie Job und Familie … wie ein Unternehmen, nur ist unser Leben nun mal KEIN Unternehmen. 

Wir Menschen haben einfach ein ganz besonderes Talent – es fehlt uns die Sicht auf unser persönliches Glück! Das ganz oft direkt vor uns schlummert. Diesen traurigen Umstand kompensieren wir mit unzähligen Erledigungen, die wir für gut und nützlich halten. 🙁

Ich meine, wir sollten genau an diesem Punkt festhalten, da ansetzen, um herauszufinden, WOMIT wir unsere Lebenszeit FÜLLEN, um es zu einem ERFÜLLTEN Leben zu machen anstatt zu einem „gefüllten“. 🙂
Einfach zum Nachdenken, es schadet nicht.

WIR KÖNNEN UNSER LEBEN NICHT VERLÄNGERN … ABER VERTIEFEN!

Eine GUTE Zeit, bis bald …

Xo Sandra

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2 Kommentare

  1. Till Aigner

    Wie wahr. Das kann ich bestätigen. Mein beruflicher Alltag ist geprägt von Todo-Listen, Projektdruck und Deadlines. Wenn ich privat die gleiche Schiene waren würde, wäre ich auf Dauer komplett im Eimer. Deshalb gönne ich mir regelmäßig absolut unproduktiven Müßiggang. Da sitze ich dann auf dem Sofa und starre einfach in den Raum und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Ich meditiere nichtmal, allein das wäre mir schon zu zielgerichtet. Oder neulich war ich ein ganzes Wochenende beim Campen am See und habe die meiste Zeit damit verbracht auf diesen See zu blicken, auf das gegenüberliegende Ufer und den Himmel darüber. Das ist einfach geil und ein nicht zu unterschätzender Energiebooster. Ich kann nur sagen: habt mehr Mut zum Nichtstun.

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    • Sandra

      Hallo Till!

      Ich verstehe Dich absolut und bin auch ganz bei Dir und Deiner Meinung!
      Ich bin mir sicher, dass immer etwas vorab passieren muss, um DANN, endlich auf die Bremse steigen zu können!
      Jedenfalls war es bei mir so und ich kenne ganz viele andere Menschen, die es genauso sehen.
      Das Wasser ist auch mein Lieblingsplatz. 🙂
      Die Weite, die Stille … das Wellenrauschen ist meine „Aufladestation“ seit Ewigkeiten. Mit dem einen Unterschied:
      Ich wusste es immer schon, nahm mir allerdings NIE die Zeit. Heute ist das alles ganz anders. ICH nehme mir diese
      Auszeiten regelmäßig und ganz bewusst!

      Ich danke Dir für Deine Gedanken 🙂

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