In den letzten Tagen konntest Du über die „WARUM-FRAGEN“ in einer Partnerschaft lesen. Heute folgt eine Geschichte zu diesem sehr wichtigen Thema. In jedem Gespräch, bei jeder Kommunikation sorgen Fragen für einen ausgeglichenen Dialog. Damit meine ich keine nervigen Fragen, sondern Fragen, die für ein ausgewogenes Verhältnis im Gespräch sorgen. Fragen können ÖFFNEND wirken, aber auch genau das Gegenteil bewirken. Es ist nicht zu leugnen, eine geschickte Fragestellung tut jeder Beziehung gut! 😀
Was genau ich damit sagen will, verdeutlicht Dir meine Geschichte heute:
Das fragende Fragezeichen
Neulich klingelte ein Fragezeichen völlig aufgelöst an meine Praxistüre. Geknickt stand es vor mir und fragte mich, ob ich ihm weiterhelfen könne. Lächelnd bat ich das Fragezeichen herein.
Kaum Platz genommen, sprudelte das Fragezeichen los:
„Ich habe solche Probleme mit meinem Partner, dem Ausrufezeichen. Er versteht einfach nicht, dass ich einmal in meinem Leben einen besonderen Platz haben möchte. Ich sehne mich so sehr hinter wirklich guten Fragen stehen zu dürfen!
„Gestern haben wir uns heftig gestritten. Wir sind beim Umfallen eines Bücherstapels aus dem Text gefallen. Als wir uns wieder gesammelt hatten und wieder unsere Plätze einnehmen wollten, witterte ich meine Chance, endlich hinter guten Fragen stehen zu dürfen. Doch das Ausrufezeichen wies mir gleich dominant einen Platz zu!“
Das Fragezeichen war den Tränen nahe. „Bloß, weil ein WARUM im Text stand, sollte ich mich dort hinstellen!
Ich will aber nicht hinter WARUM’s stehen müssen! Und dann fragte mich das Ausrufezeichen allen Ernstes: WARUM ich das nicht will! Warum, warum, warum …“, fauchte das Fragezeichen.
„Sie müssen ja sonst was von mir denken“, entschuldigte sich das Fragezeichen.
Ich beruhigte es, zeigte Verständnis darüber, was Warum-Fragen alles anrichten können und bat fortzufahren.
Das Fragezeichen schaute mich mit großen Augen an und erzählte weiter: „Das Ausrufezeichen versuchte zu beschwichtigen. Wie ich es hasse – es war nicht so gemeint! Wie denn dann? Ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen. Ich wollte nur wissen, warum du nicht hinter einem WARUM stehen möchtest?“
„Dabei stand ich in meinem Leben so oft hinter einem WARUM … danach kamen meistens empörte Sätze, die mich umgeblasen haben, eine Härte an Rechtfertigungen und Argumenten! Das Ausrufezeichen fragte mich verwundert: warum das denn?“ Das Fragezeichen schluchzte leise vor sich hin.
„Das Ausrufezeichen versteht mich nicht! Es muss doch merken, dass WARUM-FRAGEN die Menschen verärgern. Es ist der Auffassung, nur mit WARUM-FRAGEN könne man herausfinden, welche Gründe oder Motive jemand hat. ICH, bin da ganz anderer Meinung!“
Entspannt lächelte ich das Fragezeichen an: „Wie darf dich das Ausrufezeichen fragen, um dich besser verstehen zu können?“
„Das ist eine gute Frage“, überlegte das Fragezeichen laut. Es zog das Buch aus der Tasche, aus dem das Fragezeichen und das Ausrufezeichen gestern gefallen waren. „Ich muss mir den Text genauer anschauen, dann wird es mir leichter fallen.“
Wie sehen gute Fragen aus?
Gemeinsam gingen wir den Text durch. Er handelte von zwei Kolleginnen, die sich in der Pause trafen. Der Chef hatte gerade gesagt, wie gut Laura arbeitet, und sie erklärte ihrer Kollegin Anna: „Ich habe solche Schwierigkeiten Komplimente anzunehmen.“
„Was hindert dich daran?“, fragte Anna.
Laura antwortete: „Ich fühle mich selbst nicht wert genug.“
„Wie weißt du das?“ wollte Anna genauer wissen.
„Noch nie hat mir jemand derartige Anerkennung ausgesprochen“, erwiderte Laura.
Anna fragte weiter. „Wer hat dich nicht anerkannt?“
Laura fiel ein: „Meine Mutter beispielsweise. Sie war immer neidisch auf mich. Das macht mich noch heute traurig.“
Anna schaute mitfühlend und fragte: „Was genau macht dich denn so traurig?“
„Dass sie mich als Konkurrenz sieht“, antwortete Laura.“
„Vor was fürchtest du dich?“, fragte Anna.
„Dass ich schöner bin als sie und sie mich dafür ablehnt“ erwiderte Laura.
„Wie macht sie das?“ fragte Anna weiter.
Nach kurzem Nachdenken antwortete Laura: „Sie spricht nicht mehr mit mir, ignoriert mich und ich fühle mich abgelehnt durch dieses Verhalten.“
„Was bedeutet dir das?“ wollte Anna genauer wissen.
Das brachte Laura dazu, weiter nachzudenken: „Wenn meine Mutter mich ablehnt, dann fühle ich mich wertlos und ungeliebt.“
Nach diesem Text strahlte mich das Fragezeichen an: „Das sind alles Fragen, hinter die ich mich liebend gerne stellen würde! Bei diesen Fragen kann ich was bewirken!“ Das Fragezeichen bat mich um einen Stift, um die Textpassagen anzustreichen.
„Jetzt weiß ich endlich, wo mein Platz ist! Ich werde gleich heute noch mit dem Ausrufezeichen sprechen!“
Motiviert und voller Freude macht sich das Fragezeichen auf dem Weg und wir verabschiedetet uns.
Eine Zusatzgeschichte für den Artikel, den Du am besten auch lesen solltest.
Das Problem mit den „Warum-Fragen“ in einer Beziehung.
Ich wünsche Dir viel Freude mit meiner Kombination, aus Geschichte und Gedanken. Ebenso viel Freude für Deine zukünftigen Gespräche mit guten Fragen!
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